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So geht eine gute Ausbildung (nicht)
"Lehrjahre sind keine Herrenjahre"

Eine Ausbildung, bei der alle gewinnen?
Miteinander statt gegeneinander: Viele Unternehmen begreifen, dass in der heutigen Arbeitswelt, in der Fachkräftemangel und demografischer Wandel präsente Herausforderungen darstellen, die Qualität der Ausbildung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dabei ist die Menschlichkeit im Ausbildungsprozess zentraler Aspekt. Einige Betriebe sehen das aber noch nicht. Deswegen wollen wir in diesem Artikel darauf hinweisen, wie Betriebe nicht nur von Azubis lernen, sondern auch dabei helfen können, dass sie ihre Ausbildung besser abschließen.

„Muss ich nicht machen, ich hab ja Azubis“
Uns ist alles bekannt, dass ungeliebte Aufgaben gerne mal an die neue Azubis abgegeben werden. Das ist einfach und bequem. Doch was man neben einer Hackordnung und Hierarchiedenken lernt, wenn man von den Kollegen beauftragt wird den Hof zu fegen, Kaffee zu kochen oder Zettel zu kopieren, ist fraglich. Als junger Mensch hat man sich die Ausbildung wahrscheinlich anders vorgestellt hat. Doch bereits beim kleinsten Widerstand heißt es, die Jugend sei nicht mehr belastbar oder „Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“
Diesen Spruch hat jeder und jede gehört der oder die eine Ausbildung gemacht hat. Und wahrscheinlich stellen sich gerade jetzt die Nackenhaare auf, wenn man sich daran zurückerinnert, in welcher Situation man den Spruch reingedrückt bekommen hat. Genau so geht es unzähligen jungen Leuten, die gerade eine Ausbildung machen. Nur spielen sie jedes Mal, wenn sie in einer solchen Situation sind, mit dem Gedanken, die Ausbildung abzubrechen. Die Zeiten haben sich geändert und neben der Ausbildung gibt es andere Optionen und auch als Azubi muss man sich nicht mehr alles gefallen lassen. Daher sind Betriebe und Ausbilder gut beraten, solcherlei Sprüche wegzulassen.
Es verändert sich gerade ohnehin schon mehr als genug
Als Azubi hat man es ohnehin schwer genug. Gerade saß man noch mit seinen Freunden in der Schule und hat nun, mit vielleicht 16 Jahren, eine der wichtigsten Entscheidung getroffen, die es gibt: Die Berufswahl. Statt viel Freizeit zu haben und sich den schönen Dingen des Lebens widmen zu können, muss nun richtig gearbeitet werden. Viele Jugendliche brauchen für diese Umstellung, ein wenig länger – immerhin dauert die Pubertät noch bis Anfang 20 an. Ausbilder und Betriebe sind daher gut beraten, wenn man versucht zuvorkommen Konfliktpotenziale und Streitigkeiten zu vermeiden.
Ein Beispiel: Ein Azubi möchte mit seinen Freunden über einen Brückentag zelten fahren und beantragt dafür einen Tag Urlaub. Dieser wird vom Ausbilder nicht genehmigt, weswegen der Azubis auch noch einmal beim Chef fragt, der aber auch ablehnt. Der Brückentag kommt und der Azubi meldet sich krank. Nach dem Wochenende wird er zur Rede gestellt und soll ab sofort vom ersten Fehltag an ein ärztliches Attest vorlegen. Das kommt dem frustrierten Azubi wie Schikane vor.
Außenstehend kann man vielleicht beide Perspektiven nachvollziehen. Wirklich sinnvoll handelt hier aber niemand. Gerade als Ausbilder und Betrieb sollte man sich erwachsen verhalten. Der eine Tag Urlaub hätte dem Betrieb nicht geschadet, aber die Situation im Vorfeld entschärft. Gerade, wenn Azubis ihre Anliegen noch an das Unternehmen herantragen, besteht die Möglichkeit zu reden und ein Kompromiss zu finden. Ist das Vertrauen erst einmal weg, haben es Betriebe umso schwerer, konstruktive Lösungen zu finden. Dann bocken Azubis immer häufiger und melden sich krank, bis sie schließlich den Dienst quittieren und die Ausbildung abbrechen.

Ab ins kalte Wasser!
Gerade ein paar Wochen im Betrieb, wird der Azubi vom Kollegen mit den Worten „Ihr jungen Leute könnt ja digital. Mach das mal jetzt.“ an den Rechner gesetzt. Eine Einweisung fehlt. Zu schüchtern und unsicher, fragt der Azubi nicht näher nach, sondern nickt brav. Nach einer halben Stunde innerer Panik gibt er es auf. Weil er sich nicht als unfähig outen will, wird auch nicht noch einmal nachgefragt. Nach einer weiteren halben Stunde kommt endlich der Kollege wieder und sieht, wie der Azubi gerade auf sein Handy schaut. Das Bild ist perfekt: Die Arbeit ist nicht getan, aber der Azubi ist am Smartphone. Die Reaktion des Kollegen folgt prompt „Zum Arbeiten nicht zu gebrauchen, aber am Handy daddeln kannst du.“
Wo liegt der Fehler? Ganz klar, in der fehlenden Einweisung. Betriebe müssen sich die Zeit nehmen, auch wenn sie manchmal knapp ist. Woher sollen die Azubis denn wissen, wie etwas geht, wenn es ihnen niemand zeigt? Und einmaliges Durchklicken reicht nicht für einen sicheren Umgang. Für eine Ausbildung muss sich Zeit genommen werden.
Es könnte doch so einfach sein
Wir müssen uns einfach die goldene Regel, die wir alle im Kindergarten gelernt haben, ins Gedächtnis rufen. Azubis sollten so behandelt werden, wie man selbst gerne behandelt werden würde. Dafür braucht es manchmal ein wenig mehr Einfühlungsgabe seitens des Betriebes. Junge Menschen stellen sich nicht an, sie lernen noch. Sie wollen auch nicht vor versammelter Mannschaft lautstark angemacht werden, weil sie etwas nicht hinbekommen haben. Sie wollen lernen, müssen dafür aber verstehen, wie und warum etwas getan werden muss. Was sie dabei nicht brauchen, ist Angst vor Kollegen, dem Ausbilder oder davor den Ausbildungsplatz zu verlieren, weil man zu spät gekommen ist. Es sind die einfachen Sachen, ganz normale Umgangsformen, die oftmals schon einen großen Unterschied machen können. Sie sind oftmals entscheidend dafür, ob sich Azubis wohlfühlen und ihre Ausbildung abschließen oder nicht.
Fair von Anfang an.
Wenn Sie als Betrieb auf der Suche nach Azubis sind, dann sollten Sie ihnen auch eine gute Ausbildung bieten können. Es bringt niemandem etwas, wenn eine Stelle zwar toll ausgeschrieben ist, die Realität aber vollkommen davon abweicht. Die Klassiker „Kopieren & Kaffeekochen“ sind mehr als ein Klischee. Sie sind in vielen Fällen einfach nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Azubis, für die man gerade doch keine sinnvollen Aufgaben hat. Daher sind folgende Punkte wichtig:
Zeit und Geduld
Wüssten Azubis, wie alles geht, bräuchten sie keine Ausbildung. Und wäre es nicht erklärungsbedürftig, bräuchte es keine Ausbilder. Doch weil das nicht der Fall ist, braucht es Zeit und Geduld, um den Jugendlichen zu erklären, wie welcher Schritt funktioniert
Gegenseitige Wertschätzung als Fundament
Damit Azubis gut und gerne lernen können, braucht es Wertschätzung als Fundament. Wenn man sich als Neuling nicht willkommen fühlt, nur angemault und überfordert wird, vergeht der Spaß an der Ausbildung sehr schnell. Doch auch Ausbildern muss Wertschätzung entgegengebracht werden, da ihnen sonst die Freude am Lehren vergeht.
Fürsorge und individuelle Förderung
Einen Azubi nicht nur als solchen abzutun, sondern ihn als Menschen mit Stärken und Schwächen zu erkennen, das ist die Aufgabe guter Ausbilder. Denn wer Schwächen erkennt, kann dabei helfen diese auszubessern und dabei immer wieder motivierend auf die Stärken eingehen. So etwas benötigt aber Zeit, Aufmerksamkeit und ein echtes Interesse an den Azubis und ihrer Ausbildung. Wer als Ausbilder nur Dienst nach Vorschrift macht, kann junge Menschen nicht vom Lehrberuf begeistern. Mentoring-Programme und eine gute Feedback-Kultur können Unternehmen helfen, junge Menschen begeistert durch die Ausbildung zu bringen und im Anschluss an sich zu binden.

So geht es doch gleich viel besser
Wir hoffen, dass wir Ihnen durch unseren Beitrag ein wenig die Augen öffnen konnten, was die Zustände betrifft, in denen sich Azubis Tag für Tag wiederfinden. Ausbildung kann nicht immer Spaß bringen, aber sie sollte auf keinen Fall immer schlechte Laune machen. Das müssen sich Unternehmen einprägen, wenn sie wollen, dass junge Menschen wirklich was fürs Leben mitnehmen.
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